Porsche - Zukunft, die elektrisiert

Zukunft, die elektrisiert

Fliegen wir bald in Flugtaxis umher, wohnen in Würfeln und erinnern uns nur noch vage an den Charme eines Oldtimers? Roland Heiler, Chefdesigner bei Porsche Design, und Tristan Horx vom Zukunftsinstitut diskutieren über die Zukunft von Design, Mobilität und Wohnen – und stellen fest, dass sie beide keine Angst haben, auf etwas verzichten zu müssen …

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Tristan Horx
Tristan Horx wuchs schon mit dem Thema Zukunftsforschung auf. Auch sein Vater Matthias Horx und seine Mutter Oona Horx-Strathern haben sich der Trendforschung verschrieben. Er ist ein international gefragter Speaker und Podcaster zu den Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Globalisierung und Mobilität. Dabei hat er immer die Perspektive der Generation Y – also der in den 80ern und 90ern Geborenen – im Blick. Zudem ist Tristan Horx Dozent an der SRH Hochschule Heidelberg und an der FHWN Wieselburg.

Roland Heiler: Ich bin neugierig, Herr Horx. Wie leben Sie im Jahr 2050?

Tristan Horx: Zunächst einmal: Ich freue mich auf die Zukunft. Ich lebe wahrscheinlich am Rande der Stadt – vielleicht in einem Einfamilienhaus. Denn ich glaube, jeder braucht seine eigene Höhle. In Sachen Ernährung lege ich Wert auf Bio-Lebensmittel, ich esse gerne auch mal ein Steak. Billiges Fleisch kommt wahrscheinlich gezüchtet aus der Petrischale. Das macht den Konsum umwelt- und tierfreundlicher. Und ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir nicht im Verzicht leben müssen, um das Klima zu schonen. Das ist auch der Trend, den ich sehe. Es gibt viele Möglichkeiten, zu genießen, Spaß zu haben und dabei verantwortungsvoll zu leben. Denn es geht darum, dass wir Lust auf die Zukunft haben.

Roland Heiler: Ich selbst bin im Jahr 2050 schon 92 Jahre alt und fahre wahrscheinlich morgens Mountainbike und am Nachmittag ein bisschen in meinem Oldtimer …

Tristan Horx: Vielleicht mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb? Beim Thema Mobilität wird es darum gehen, das richtige Transportmittel für den richtigen Weg zur richtigen Zeit zu verwenden. Es wird selbstfahrende Busse geben, die man buchen kann. Wir sind nicht mehr auf Fahrpläne angewiesen, wir greifen auf Mobilität zu, wann und wie sie nötig ist. Wer weiß, möglicherweise kann ich mir dann bereits ein Flugtaxi bestellen?

„Es gibt viele Möglichkeiten, zu genießen, Spaß zu haben und dabei verantwortungsvoll zu leben. Denn es geht darum, dass wir Lust auf die Zukunft haben.“

Tristan HORX

Roland Heiler: Porsche hat vor einiger Zeit bekannt gegeben, dass man über das Thema urbane Mobilität im Luftraum nachdenke. Für Designer gab es selten spannendere Zeiten als heute. Es ist so vieles im Umbruch – gerade im Bereich Mobilität. Das bringt frischen Wind. Wir entwickeln ja nicht nur die Produkte für Porsche Design, sondern arbeiten als Studio F. A. Porsche auch mit externen Firmen zusammen. Wir sind zum Beispiel mit Aircraft-Unternehmen in Kontakt, die Expertise in Sachen Design brauchen. Was alle Projekte vereint: Die beiden Themen Tradition und Innovation treffen aufeinander. Es ist wichtig, seine Vergangenheit zu kennen, um die Zukunft zu gestalten. Wir zitieren diese Tradition immer wieder. Aber es ist nicht unser Beruf, rückwärtsgewandt an neue Produkte ranzugehen, sondern die Möglichkeiten der Zukunft auszuschöpfen.

Tristan Horx: Das ist wiederum die Herausforderung meines Berufs. Die Menschen erwarten von der Zukunft, dass alles ganz anders wird, als das, was sie bereits kennen. Die Zukunft entsteht aber aus der Kombination des Alten, das gut war, mit dem Neuen, das gut ist.

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Am Stuttgarter Pragsattel entstehen der Porsche Design Tower und das Porsche Zentrum Stuttgart. Im Tower werden sich ein Hotel und Büroflächen befinden.

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Roland Heiler
Roland Heiler leitet seit 2004 das Studio F. A. Porsche in Zell am See und ist zugleich Chefdesigner von Porsche Design. Mit seinem Team entwirft er nicht nur neue Produkte für die Porsche Kollektion, sondern arbeitet auch mit externen Kunden. Er hat bereits seine Ausbildung zum Technischen Zeichner bei Porsche gemacht und anschließend am Royal College of Art in London Automotive Design studiert. Vor seiner Station in Zell am See war er Chef des Porsche Styling Studios in Kalifornien.

Roland Heiler: Unsere Muttergesellschaft Porsche macht vor, wie man beides perfekt verbinden kann. Ich finde es wirklich fantastisch, dass Porsche das Thema Elektromobilität so vorantreibt. Ich fahre selbst einen Porsche Taycan.

Tristan Horx: Ich bin auch schon immer mit Hybrid- oder Elektroantrieb unterwegs. Ich bin mal mit meinem Elektroauto sehr flott an jemandem vorbeigefahren. Der hat mich beleidigt, weil ich ausgerechnet mit einem Elektroauto schneller war als er. In diesem Moment wusste ich, dass das Rennen um die nächste Technologie längst gelaufen ist. Ich sehe das Thema Elektromobilität aber nicht einseitig. Am Ende haben wir alle Spaß an Geschwindigkeit und Beschleunigung. Das ist ein Teil der Fahr-Experience.

Roland Heiler: Ich finde, es kommt immer auf die Balance an. Meine Frau und ich haben zum Beispiel unseren Fleischkonsum reduziert. Das fällt uns gar nicht schwer, und wir tragen etwas Positives zum Klimawandel bei. Das betrifft auch das Thema Reisen: Neuerdings unterhält man sich in Business-Meetings über große Distanzen hinweg, ohne dafür ins Flugzeug zu steigen. Ich will aber weiterhin mit meinem Oldtimer fahren. Da ist die Dosis für mich vertretbar. Ich wäre traurig, wenn die historischen Fahrzeuge verschwinden. Sie sind für mich eine kulturelle Bereicherung.

„Unsere Uhren werden über Generationen vererbt. Als der Chronograph 1 im Jahr 1972 rauskam, habe ich als Schüler davon geträumt.“

Roland HEILER

Tristan Horx: Das Herausfordernde an der Zukunft ist ja, dass sie in diesen Widersprüchen entsteht. Zu jedem Trend entsteht ein Gegentrend. Die Kunst liegt darin, mit diesen Gegensätzen umzugehen.

Roland Heiler: Die Gegensätze sind ein großer Teil unserer Arbeit. Wir kommen mit vielen Kunden aus verschiedenen Kulturkreisen in Berührung. Uns beschäftigen zahlreiche Zukunftsthemen. In Sachen Nachhaltigkeit haben wir ein Stück weit Glück. Weil wir Produkte entwickeln, die man nicht wegwirft, sondern die Lebensbegleiter sind. Das war immer in unserer DNA verankert. Es ist toll zu sehen, dass zum Beispiel Wasserkocher, Toaster und Co. aus unserer Frühstücksserie für Siemens aus dem Jahr 1995 heute zum gleichen Preis gehandelt werden wie damals.

Tristan Horx: Witzig, ich hatte mit acht oder neun Jahren einen silbernen Aluminium- Schlitten von Porsche Design. Der steht jetzt noch bei mir im Keller. Während des Lockdowns haben viele ausgemistet, dabei hat man gemerkt: Jetzt ist Qualität statt Quantität gefragt. Es geht um Dinge, die man lange besitzt und die nicht ständig ausgetauscht werden. Es wird aber zuerst noch eine Phase kommen, in der wir viel konsumieren, um alles zuletzt Verpasste nachzuholen.

Roland Heiler: Für unsere Produkte geben die Konsumenten mehr Geld aus, dafür bekommen sie etwas, das lange hält. Manche Dinge werden schöner mit der Zeit – etwa Leder, das eine Patina bekommt. Unsere Uhren werden über Generationen vererbt. Als der Chronograph 1 im Jahr 1972 rauskam, habe ich als Schüler davon geträumt. Seit 15 Jahren besitze ich nun einen. Der mattschwarze Look war damals komplett neu und wurde kritisch beäugt, denn vorher war Chrom angesagt. Die Uhr wurde von Tom Cruise im Film „Top Gun“ getragen oder von Formel-1-Pilot Clay Regazzoni.

Tristan Horx: Ach ja, „Top Gun“, ich erinnere mich …

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Das Studio F. A. Porsche designte im Jahr 1995 für Siemens eine Frühstücksserie bestehend aus Wasserkocher, Toaster und Co., die aus edlem und hochwertigem Aluminium hergestellt wurden.

Roland Heiler: Die Uhr entwickelte sich zur Ikone und ist ein gutes Beispiel für den Spagat zwischen Tradition und Innovation. Sie wurde inspiriert vom Dashboard eines Rennfahrzeugs, bei dem man versucht, die Reflexion so gering wie möglich zu halten, um die Ablesbarkeit der Instrumente zu garantieren. Für F. A. Porsche stand beim Entwurf die Funktion als Anzeigeinstrument im Fokus und nicht als Schmuckstück. Heute stellen wir dieselbe Überlegung an: Es geht nicht darum, etwas besser zu machen, das bereits besteht. Wir fragen uns, ob uns die verfügbare Technologie die Möglichkeit gibt, etwas ganz Neues zu schaffen. Dafür ist auch unser Schreibgerät LaserFlex aus Edelstahl ein gutes Beispiel.

Tristan Horx: Wenn ich an die Materialien der Zukunft denke, feiert für mich definitiv Holz wieder ein Comeback.

Roland Heiler: Ich halte es auch für zukunftsfähig, weil es nachwächst – zumindest, wenn es entsprechend organisiert ist. Es verbindet Modernität mit Wärme. Das ist eine wundervolle Kombination. Es findet sich bei uns vor allem in architektonischen Projekten wieder. Gerade werden in Stuttgart der von uns und unserem Partner Bülow entworfene Porsche Design Tower und das Porsche Zentrum Stuttgart gebaut. Wir haben auch den Porsche Design Tower in Miami mit 132 Wohnungen und 60 Stockwerken kreiert. Dabei kam uns die spezielle Idee: Man kann sein Auto mit dem Aufzug bis ins Apartement mitnehmen.

Tristan Horx: Das finde ich klasse. Du brauchst nur das richtige Auto dafür (lacht). In meiner Generation gibt es Diskussionen darüber, ob ein Auto überhaupt notwendig ist. Die Statistik zeigt, dass viele Stadtbewohner in meinem Alter gar keinen Führerschein mehr machen. Ich selbst habe aber einen, da ich sehr viel unterwegs bin. Erst kürzlich hatte ich einen Vortrag in Südtirol und habe mir von einem Freund einen alten Porsche 911 ausgeliehen. Wir sind rasant auf einen Berg hochgefahren. Das würde ich auch gerne mal mit dem Porsche Taycan machen. Das macht Lust auf die Zukunft – und die brauchen wir unbedingt.

Roland Heiler: Ich genieße lange Fahrten mit dem Porsche Taycan sehr, denn es ist ein gediegenes und entspanntes Reisen, bei dem man nur so dahingleitet. Gleichzeitig erleben wir momentan eine Entpersonalisierung des Fahrzeugs – zum Beispiel, wenn über autonomes Fahren diskutiert oder ein Beförderungsmittel über eine App bestellt wird. Das hat mit der Anmutung eines Autos womöglich gar nicht mehr viel gemeinsam. Ich persönlich glaube aber, dass es das hochindividuelle Auto, das man selbst besitzt, weiterhin geben wird. Das wird sicher eher ein Sportwagen oder ein ungewöhnliches Auto sein. Vielleicht lag Ferry Porsche mit seiner Vorhersage einfach richtig, als er sagte: „Das letzte jemals gebaute Auto wird ein Sportwagen sein.“

Text Bianca LEPPERT
Fotos MARC und DAVID, PORSCHE