One Porsche Drive

One Porsche Drive

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Dank Porsche Hill Control und Instrukteur an Bord meistert der Cayenne jedes Gefälle des Offroad-Parcours.

Hören, sehen, fühlen, riechen, fahren: das neue US-Headquarter samt Porsche Experience Center in Atlanta.

Der Gebäudekomplex am Stadtrand Atlantas leuchtet in der Porsche-Farbe Grandprixweiß. Das neue Headquarter von Porsche Cars North America (PCNA) ist ein schmucker Bau, der neben Büros auch Werkstätten sowie ein Museum und ein Restaurant beherbergt. Und eine anspruchsvolle Teststrecke. Der frische Asphalt der Straße glänzt schwarz im Licht des Südens. Die Fahrbahn schlängelt sich, aufgeteilt in verschiedene Dynamik-Bereiche, über das Gelände. Genau das richtige Terrain, um mal richtig Gas zu geben.

Das Haus am Hang spielt mit der Topografie. Man betritt den Haupteingang ebenerdig und steht nach dem Durchqueren des weitläufigen Foyers einige Meter über Grund. Von oben der Blick auf das Fahrgelände mit großzügiger Handlingstrecke (Rennstreckencharakter) und den sechs eingewobenen Fahrmodulen: Dynamikfläche (Slalom, Bremsen und Ausweichen), Schleuderplatte (Gefahrensituationen), Kreisfahrbahn (Driften), Offroad-Geländestrecke, Low-Friction-Handlingstrecke und der Turn Table zum Power Slide direkt vor dem Gebäude. Unten die Werkstätten, auch ein Atrium für Feste und Events. Dazu eine gelungene Pointe der Planer: Ein Teil der 2,6 Kilometer langen Teststrecke führt durch das Gebäude, und im Tunnel klingt ein Porsche noch ein bisschen beeindruckender. Die neue Firmenadresse ist eindeutig Programm: One Porsche Drive.

„Natürlich kann man auch eine handelsübliche Probefahrt auf der Straße machen“, sagt Bernd Pfau. Der Architekt ist im zentralen Baumanagement der Porsche AG für die internationalen Projekte zuständig. Er erklärt den Unterschied: „Aber erst eine echte Testfahrt auf einer maßgeschneiderten Demonstrationsstrecke lässt die Fähigkeiten eines Porsche-Hochleistungsfahrzeugs vollständig zur Geltung kommen.“ Die für Kunden zugängliche Teststrecke ist deshalb das Herzstück des Porsche Experience Center (PEC) in Atlanta, integriert in das Headquarter. Firmenzentrale und Markenwelt in der geografisch günstig gelegenen Metropole des US-Bundesstaates Georgia wurden im Frühjahr 2015 bezogen.

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Kurven mit Hintergrund: Im Verwaltungsgebäude an der Strecke beschäftigt Porsche Nordamerika 450 Mitarbeiter.

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Vom Nasshandling-Kurs bis zur Kick Plate – das Porsche Experience Center deckt alle Fahrdisziplinen ab.

Drüben hinterm Zaun starten und landen im Dreißig-Sekunden-Takt die Flugzeuge wie an der Schnur gezogen. Aus den landenden Maschinen hat man einen schönen Blick auf den Porsche-Neubau und die Fahrstrecke. Diese Tatsache ist in die Gebäude- und Streckenplanung des Experience Centers eingeflossen. Der Hartsfield-Jackson Atlanta International Airport ist mit fünf Pisten für mehr als 900 000 Starts und Landungen pro Jahr der größte Flughafen der Welt: 207 Gates, 96 Millionen Passagiere, 600 000 Tonnen Frachtgutumschlag. Die Distanzen sind groß in den Vereinigten Staaten von Amerika, und Atlanta, 400 Kilometer landeinwärts gelegen, ist der zentrale Umschlag- und Umsteigeplatz für die südlichen Ziele entlang der Ostküste und im Landesinnern. Detlev von Platen, bei der Eröffnung noch Chef von Porsche Cars North America, zeigt mit dem ausgestreckten Arm hinüber zum Mega-Airport, ihm gefällt die neue Nachbarschaft ausnehmend gut. Denn vom Ankunftsgate sind es mit dem Auto nur ein paar Minuten in die Nordamerika-Zentrale direkt am nordöstlichen Rand des Flughafens. Man kann förmlich auf Porsche fliegen. „Im Porsche Experience Center in Atlanta bringen wir auf einzigartige Weise Kunden, Händler, Gäste und Mitarbeiter zusammen“, unterstreicht von Platen die zentrale wie exponierte Lage.

Auf einer Fläche von elf Hektar wurden 100 Millionen Dollar investiert. One Porsche Drive bietet Arbeitsplätze und Büros für 450 Mitarbeiter, dazu 1200 Quadratmeter Konferenz- und Eventflächen, das Mechaniker-Schulungszentrum, die Oldtimer-Restaurierungswerkstatt, das Kundenzentrum mit kleinem Museum, Shops und dem Gourmetrestaurant „356“ – mit dem dankbarsten aller Namen für ein Porsche-Restaurant auf amerikanischem Boden.

Denn die Ziffernfolge steht nicht nur für den Urmeter aller Serien-Porsche, sie markiert auch das erste wirklich tragfähige Fundament einer erstaunlichen Unternehmens- und Markengeschichte. Zur Erinnerung: Nicht zuletzt der ebenso überraschende wie überragende Erfolg des Porsche 356 auf dem US-Markt hatte der jungen Marke in den 1950er-Jahren endgültig auf die Siegerstraße verholfen. Das Renntalent der kleinen, leichten Sportwagen am Berg und auf der Rundstrecke ließ Porsche geradewegs in die Herzen der autoaffinen und rennsportverrückten Amerikaner fahren.

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Durchstarten und Abtauchen: Der One Porsche Drive liegt nur wenige Autominuten nordöstlich vom Flughafen Atlanta entfernt.

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Vom Flugzeug aus hat man einen perfekten Blick auf den Porsche-Neubau und die Handling-Strecke.

So gesehen ist das Porsche Experience Center mit seiner Teststrecke in Atlanta nur ein weiteres Kapitel einer transatlantischen Liebesgeschichte. Einer Beziehung, die von beiden Seiten mit Hingabe gelebt wird. Mit mehr als 117 000 Mitgliedern ist der Porsche Club of America (PCA) die größte Vereinigung von Porsche-Fahrern und der größte Ein-Marken-Club der Welt. Aufgeteilt in 13 Zonen und 144 Regionen organisiert der PCA rund 3500 Veranstaltungen pro Jahr. Das wissen die Porsches zu schätzen: Bei jedem wichtigen Event repräsentiert ein Familienmitglied persönlich die Marke und das Unternehmen.

Sportwagen und Spaß sind ein Begriffspaar in den USA. 30 000 Porsche-Fahrer und Interessenten sollen jährlich ihre Runden auf und im Porsche Experience Center drehen. Die technische Komposition, die einzigartigen Zutaten, die jeden Porsche ausmachen, gibt es dort live und in Farbe. Man kann sie riechen, fühlen, sehen, hören – und erfahren.

Und das nicht nur dort, sondern rund um den Globus. Denn weltweit gibt es bereits mehrere PEC-Strecken. Für das Werk Leipzig zum Beispiel entwarf Formel-1-Architekt Hermann Tilke einen Kurs, der in seinen Detailpassagen die wichtigsten Rennstrecken der Welt zitiert. In Silverstone und in Le Mans sind die Erlebniszentren direkt in den Kontext großer Motorsportgeschichte integriert. Experience Center in Shanghai und Carson/Los Angeles County werden kommendes Jahr eröffnet. „Das sind keine Rennstrecken und das sind keine Übungsgelände, wie man sie von den Automobilclubs kennt“, sagt Porsche-Architekt Bernd Pfau. „Das sind Strecken, die wir so konzipieren, dass unser Markenkern Betonung erfährt: Fahrdynamik, Leistung, Perfektion.“ Schließlich geht es um die Porsche-Erfahrung.

Text Oskar Weber

Kulinarisches

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Reminiszenz an den Sportwagenklassiker im „356“.

Geniessen mit Schalthebel und Pepita

Der One Porsche Drive bietet Kunden ein Rundumerlebnis: von der Auslieferung des Neufahrzeugs, dem Museumsbesuch über die Restaurierung von Oldtimern bis hin zu Fahrsicherheitstrainings oder der Möglichkeit, sich im Business Center für Konferenzen einzumieten.

Für die kulinarischen Highlights sorgen das „Carrera Café“ und das Gourmetrestaurant „356“. Im Café lassen sich Kalt- und Heißgetränke sowie Snacks in besonderer Porsche-Atmosphäre genießen: Die Deckenleuchten zum Beispiel greifen die Form der Schalthebel früher 911-Modelle auf, das Dekor zitiert das Pepita-Muster der Stoffbezüge aus den 1960er-Jahren und auf den Säulen sind historische Rennmotive zu sehen.

Die Innenarchitektur des Restaurants ist seinem Namen entsprechend vom Porsche 356 inspiriert. Von hier aus bietet sich auch ein direkter Blick auf die Start- und Landebahn „08L/26R“ des Hartsfield-Jackson Atlanta International Airport. Auf der Speisekarte finden sich exquisite Menüs der Saison, wobei Porsche Wert darauf legt, die Zutaten aus der Region zu beziehen. Die Weinkarte wiederum enthält Produkte aus allen namhaften Anbaugebieten weltweit.

So entsteht ein Porsche-Kurs

„Jede Strecke ist ein Unikat“

Er ist der Meister der Renn- und Teststrecken: Der Bauingenieur Hermann Tilke erklärt, worauf es beim Entwurf eines Porsche-Experience-Center-Kurses ankommt.

Herr Tilke, was unterscheidet eine Teststrecke von einer Rennstrecke?
Nun, ein Porsche Experience Center ist weder das eine noch das andere, obwohl es Elemente von beidem enthält. In erster Linie geht es hier darum, dem Fahrer zu vermitteln, welche Performance in einem Porsche steckt und wie die Fahrzeugsysteme arbeiten. Daher die verschiedenen Module.

Inwieweit wirkt sich das auf das Streckenlayout aus?
Es muss den unterschiedlichen Anforderungen genügen, die an das Gelände gestellt werden. Nehmen wir zum Beispiel das Training der Porsche Sport Driving School, deren Kurse vom Basistraining bis zum Erwerb der Rennlizenz alles abdecken. Dementsprechend vielfältig muss die Strecke gestaltet werden.

Erfahrung schadet da sicher nicht.
Nein (lacht). Es ist schon ganz hilfreich, dass ich etliche Grand-Prix-Kurse, Teststrecken und Prüfgelände oder auch ganz normale Straßen entworfen habe. Aber im Endeffekt ist jede Strecke ein Unikat.

Ein Standardlayout für die Experience Center wäre also nicht denkbar?
Nein. Man kann ja den Grundstückzuschnitt und vor allem die Topografie nicht außer Acht lassen. Porsche will grundsätzlich ein dreidimensionales Fahrerlebnis bieten. Das heißt, es müssen immer Berg- und Talabschnitte vorhanden sein – nicht nur für die Offroad-Parcours, sondern auch für die Asphaltstrecken. Wo die natürliche Topografie das nicht hergibt, wie zum Beispiel im Porsche Experience Center in Los Angeles County, bauen wir diese in der Idealform.

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Hermann Tilke (60) baut seit 30 Jahren Rennstrecken, unter anderem für die Formel 1.

Wie gehen Sie eigentlich eine neue Strecke an?
Zunächst wird die Strecke am Computer anhand eines 3-D-Modells simuliert. Hierfür verwenden wir GPS-Daten. Absolute Präzision ist dabei immer gefragt, schließlich beeinflusst etwa der Kurvenradius die Geschwindigkeiten, die gefahren werden können. Ich erinnere mich noch gut, wie wir die Strecke für das Werk Leipzig geplant haben. Weltberühmte Rennstrecken und ihre charakteristischen Passagen zu integrieren, war schon eine besondere Herausforderung.

Was gilt es beim Asphalt hinsichtlich der hohen Beanspruchung zu beachten?
Wichtig ist, dass realistische Bedingungen herrschen mit der richtigen Mischung, was Reifenhaftung und -verschleiß angeht. Der Asphalt, den wir für die Experience Center verwenden, ist mit dem für normale Straßen vergleichbar. Anders sieht es natürlich bei den Nasshandling-Passagen aus. Je nachdem, welche Fahrmanöver und Geschwindigkeiten geplant sind, gibt es verschiedene Möglichkeiten für die Untergrundbeschaffenheit: von poliertem Beton über Epoxi bis hin zu bitumenhaltigen Oberflächen.

Wo wir beim Thema Sicherheit sind: Warum ist das Nasshandling so wichtig?
In diesen Passagen trainieren die Fahrer nicht nur ihr eigenes Verhalten, sie lernen auch, wie die Assistenzsysteme des Autos in bestimmten Extremsituationen reagieren. Gerade bei Hochleistungssportwagen ist das Thema Sicherheit immens wichtig. In Atlanta ist es zum Beispiel nicht üblich, Winterreifen aufzuziehen. Weil es kaum schneit, braucht man sie in der Regel schlicht und ergreifend nicht. Ich erinnere mich allerdings an einen Wintertag, an dem es dermaßen geschneit hat, dass in der Stadt gar nichts mehr ging. Wir waren im Porsche unterwegs und haben die komplette Palette der Assistenzsysteme ausgereizt.

Ein Szenario, das beispielsweise in Shanghai eher unwahrscheinlich ist.
Ja, oder in Carson. In Leipzig wiederum gehört Schnee zum Verkehrsalltag. In jeder Region herrschen andere Bedingungen, daher ist auch jede Strecke einzigartig.

Grenzenloser Fahrspass

Neben dem Experience Center in Atlanta unterhält Porsche Demonstrationsstrecken in Leipzig, Silverstone und Le Mans. In Shanghai und Los Angeles kommen 2016 zwei weitere hinzu.

Atlanta (US)

Amerikazentrale

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1 Turn Table zum Power Slide vor dem Gebäude.

2 Kick Plate: Die hydraulische Schleuderplatte lässt Fahrzeuge auf nassem Untergrund scheinbar willkürlich nach links oder rechts ausbrechen. Der Fahrer erfährt dabei eindrucksvoll die Wirkung der automatischen Stabilitätssysteme.

3 Handling Circuit: Der Handlingkurs gibt einen ersten Eindruck vom Fahren auf einer echten Rennstrecke. Trainingsziele sind die Ideallinie sowie richtiges und harmonisches Lenken, Bremsen und Beschleunigen. Auch eine Mitfahrt mit einem Profi und echtem Renngefühl sind hier möglich.

4 Dynamics Area: Hier ist Platz für Speed und Fahrmanöver im Grenzbereich – zum Beispiel Slalom, Bremsen, Spurwechsel.

5 Low Friction Circle: Ebene Kreisbahn mit nass-rutschigem Untergrund zum Über- und Untersteuern sowie für das Drift-Training.

6 Low Friction Handling Circuit: Enger, rutschiger Handlingkurs zum Driften für Fortgeschrittene.

7 Off-Road Course: 21 unterschiedliche Offroad-Übungen inklusive Wasserdurchfahrt und verschiedenen Längs- und Querrampen.

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Los Angeles (US)

Motorsportzentrum

In Carson/Los Angeles County entsteht zurzeit das PEC West genannte zweite Porsche Experience Center in den USA. Unweit des Los Angeles International Airport zwischen den Freeways 405 und 110 gelegen, wird das Zentrum neben einem Straßenkurs auch einen Offroad-Parcours umfassen. Zudem wird dort die Zentrale von Porsche Motorsport North America mitsamt Oldtimer- Restaurierung angesiedelt.

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Shanghai (CN)

Kontinentaldrift

Mit dem Porsche Experience Center in Shanghai wird Porsche im Frühjahr 2016 das erste Areal dieser Art in Asien eröffnen. Es befindet sich unmittelbar neben dem Shanghai International Circuit, auf dem regelmäßig die Formel 1 gastiert. Auf annähernd 100 000 Quadratmetern werden sämtliche Fahrprüfungen vom Handlingkurs über eine Dynamik- strecke bis zur bewässerbaren Kreisbahn vorhanden sein.

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Le Mans (FR)

Legendenstatus

Das an der 2,9 Kilometer langen Rennstrecke Maison Blanche gelegene Erlebniszentrum bietet seit Juni 2015 unter anderem eine Handlingstrecke, verschiedene Dynamikmodule und ein Offroad-Gelände. Im Herzen der legendären 24-Stunden-Rennstrecke von Le Mans können Kunden zudem Neufahrzeuge abholen, im Service Center ihren Porsche warten lassen und die exklusive Fahrzeugausstellung besuchen.

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Silverstone (GB)

Vielseitigkeitsparcours

Der insgesamt fünf Kilometer lange Kurs in direkter Nachbarschaft zur Rennstrecke von Silverstone zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus. Er kann als Ganzes oder in den einzelnen Segmenten Handling Circuit, Straights, Kick Plate, Ice Hill, Low Friction and Off-Road Circuit genutzt werden. Das Kundenzentrum beherbergt unter anderem Ausstellungsflächen, Konferenzräume sowie ein Fitness- und Physiozentrum.

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Leipzig (DE)

Kurvenparadies

Elf spektakuläre Kurven weltberühmter Rennstrecken wie zum Beispiel die Suzuka S (Suzuka/JP) oder die Parabolica (Monza/IT) zählen zu dem 3,7 Kilometer langen Rundkurs. Zur neuen Dynamikstrecke (2,2 Kilometer) im Innenbereich gehören unter anderem eine bewässerbare Dynamikfläche sowie eine Kreisbahn mit 120 Meter Durchmesser. Der Offroad-Parcours bietet 15 Sonderprüfungen.